Während das taube Senior-Fellmonster Maldoror fast nur in Wohnungen gelebt hat und nun im Alter soundso nicht mehr so viel Bewegungsdrang hat, sieht es bei Monsieur Knickschwanz aka Mortimer ganz anders aus, auch wenn er ebenfalls nicht mehr der jüngste ist.. Schnell hat er sich an den inhäusigen Aktionsradius über vier Ebenen gewöhnt und die Terrassennutzung ist gleichfalls nichts besonderes mehr. Sehr verlockend ist die Welt jenseits der Haustür und der Pforte zum Garten. Er weiß zwar ganz genau, dass er da (noch?) nicht hin darf und folgt murrend einem „Nein”, aber passt man mal nicht auf, nutzt er die Gelegenheit, um die große weite Welt zu betreten. Manchmal reicht nur ein „Rein!” und er begibt sich unter größerem Murren wieder in den erlaubten Sektor. Ansonsten ist es auch sehr hilfreich, dass er so verfressen ist. Wenn man aber erst nach über einer Viertelstunde mitbekommt, dass er unbemerkt die Haustür passiert hat, dann nutzt weder das leckerste Leckerli, noch bestimmendes oder schmeichelndes Rufen, weil er längst außer Sicht- und Rufweite ist. In sengender Hitze suchte ich die Umgebung fast eine Stunde ab. Nichts. Eigentlich wollte ich, nachdem ich zuvor schon länger in dieser Glut unterwegs war, nur noch in den Pool … Im Pool zu planschen und dabei die Haustür für die Rückkehr des Ausreißers offen zu lassen, empfand ich als nicht so gute Idee. Aber es musste zumindest dringend eine kurze Abkühlung her. Beim Betreten der Terrasse sah ich dann auch schon den reuigen Rückkehrer. Diesmal hatte er versucht, von der anderen Seite das Katzennetz zu überwinden. Hechelnd saß er da und wollte nur noch zurück in schattige Bereiche, wo es zudem etwas zu trinken gab. Mich hat das schon ziemlich erstaunt, dass er den Weg zur Rückseite des Hauses gefunden hat. Die einfache Lösung, nur einmal um das Haus herum zu laufen, gibt es bei einem Reihenmittelhaus nicht.
Wieder was gelernt dachte ich. Also sowohl ich als auch das Fellmonster. Aber falsch gedacht. Nachdem ich nun beruhigt den Pool aufgesucht hatte, war dann auch noch die Getränkelage der pflanzlichen Mitbewohner zu klären, sprich gießen. Ziemlich naiv dachte ich, dass ich hierzu die Gartenpforte nicht schließen muss – Mortimer sollte ja seine Lektion gelernt haben. Tja, ein kurzes Gespräch währenddessen mit der Nachbarin … und schon war das renitente Fellmonster wieder entwischt. Und zwar gleich durch die Hecke rüber zur Nachbarin. Und legte sich dort unter einen Flieder, als wäre das sein angestammter Platz. Für Zweibeiner ist die Hecke nicht passierbar. Also noch im Badeanzug raus auf die Straße, bei der Nachbarin rein und in ihrem Garten Mortimer geschnappt – er ist zum Glück nicht noch weiter weggelaufen, sondern hat sich nicht mal murrend einsammeln lassen.
Nun denke ich doch darüber nach, wie ich ihm mehr Freilauf ermöglichen kann. Für den hundertprozentig tauben Maldoror halte ich dies für ausgeschlossen, aber auch für Mortimer ist das auch nicht so unproblematisch. Mit einer chipgesteuerten Katzenklappe (beide sind gechippt) könnte ich zwar regeln, dass nur Mortimer vollen Freigang bekommt, aber es gibt einerseits einfach zu viele Katzen, die überfahren werden (die nächste viel befahrene Straße ist nicht so weit weg) und andererseits ist vor allem der Knickschwanz ein Problem. Zu leicht kann er damit irgendwo hängen bleiben (wie schon geschehen), was eine langwierige Heilung (nicht wegen der Wunde, sondern hauptsächlich durch das dadurch aktivierte Feline Hyperästhesie-Syndrom) nach sich zieht. Und irgendwo anders, kann er sich vielleicht auch nicht selbst befreien.
Alternativ den Knickschwanz zu operieren, könnte wiederum ebenfalls zum Aktivieren des Felinen Hyperästhesie-Syndrom führen, wobei ungewiss ist, ob sich das dann wieder „einfach so” mit aufmerksamer Beobachtung, Geduld und Thundershirt bewältigen lässt.
Hm … ich würde Mortimer schon gern mehr Freiheit bzw. vollkommene Freiheit ermöglichen, aber das ist echt nicht einfach.