„Und da wusste ich es: – Die Welt ist Einbildungskraft, Einbildung – Kraft. Überall, wohin ich ging und was ich trieb, war ich bemüht, meine Freuden und Leiden zu verstärken, und heimlich lachte ich über beides. Wusste ich es doch jetzt sicher, dass das Hin- und Herpendeln ein Gleichgewicht darstellt; gerade bei der weitesten und heftigsten Schwingung kann es sich am deutlichsten fühlbar machen. […]
Dem Nichts mussten sie ihre eingebildete Welt abringen, und von dieser eingebildeten Welt aus das Nichts erobern. Das Nichts war starr und wollte nicht, dann fing die Einbildungskraft an zu summen und zu schwirren, und in allen Skalen formte, tönte, roch und färbte es sich – da war die Welt da. Aber das Nichts fraß das Geschaffene wieder auf, da wurde die Welt matt, fahl, das Leben verrostete, verstummte und zerfiel, war wieder tot – nichts –; und wieder fing’s von vorne an. So war’s erklärlich, warum sich alles ineinander fügte, ein Kosmos möglich war. Das alles war furchtbar mit Schmerz durchwebt. Je höher man wuchs, desto tiefer musste man wurzeln. Will ich Freuden, dann will ich zugleich Leid. Nichts – oder alles. In der Einbildungskraft und dem Nichts musste der Urgrund liegen; vielleicht waren sie eins.”

Alfred Kubin: Die andere Seite