Wie schon geschrieben, war ich total überrascht, dass die Swans ausgerechnet in Faro während meines Urlaubs dort ein Konzert geben, nachdem hierorts in Hamburg coronabedingt mehrere Konzerte gecancelt wurden. Songs vom mir sehr geschätzten zuletzt veröffentlichten Album „Leaving Meaning” wären hier wohl live massiv vertreten gewesen, aber die Swans haben inzwischen ein neues Album produziert – „The Beggar”, so dass natürlich die neuen Songs im Mittelpunkt dieses Auftritts standen. Der Veröffentlichungstermin des neuen Albums ist allerdings erst nach dem Konzert in Faro und leider gab es dies auch noch nicht vorab vor Ort zu kaufen, was ich insgeheim gehofft hatte.
Nach der Vielzahl der erlebten Swans-Konzerte war dieses nicht nur wieder sehr intensiv, sondern soundso etwas ganz Besonderes in dieser Umgebung. Der moderne große Klotz (782 Sitzplätze im großen Saal) des Teatro das Figuras liegt am Stadtrand von Faro, in der Nähe befindet sich ein Einkaufszentrum und ansonsten eigentlich nichts. Das Konzert, also die „Vorband” mit dem Soloauftritt des ehemaligen Swansgitarristen Norman Westberg, sollte erst um 21.30 Uhr losgehen. Ich war dann schon ca. 1 Stunde vorher da und im Foyer lungerten schon ein paar Leute etwas gelangweilt herum, die Bar war geschlossen und sollte es auch bleiben und bei den Toiletten im Untergeschoss war noch nicht einmal das Licht angeschaltet (das blieb nicht so). In der Ferne noch jenseits vom Einkaufszentrum sah ich eine große Supermarktreklame. Nun gut, dachte ich, holt man sich halt da ein Getränk, Zeit war ja genügend vorhanden. Der Supermarkt war allerdings noch eine Baustelle. Gleich daneben befand sich aber ein Möbelladen u. a. mit kleinem Gastrotresen. Auf dem Rückweg kam mir der Swansmusiker Kristof Hahn entgegen, der mich nur angrinste, wohlwissend, wohin ich wollte und ich umgekehrt ebenso.
Und dann konnte man endlich in den Saal – mit Platzanweiserin! (Zumindest teilweise bei nichteinheimisch wirkenden Besuchenden. Aber trotzdem beachtlich bei der Größe.) Ich saß in der zweiten Reihe und kam gleich mit einer meiner Sitznachbarinnen ins Gespräch, die aus Portimão kam und ebenso wie ich darüber überrascht war, dass die Swans ein Konzert in Faro geben. (Später fragte sie mich noch nach meiner Telefonnummer, damit wir uns treffen könnten, wenn ich wieder in der Gegend wäre. Aber auch wenn mir dieser Urlaub sehr gut gefallen, werden doch etliche Jahre vergehen, bevor ich hier eventuell mal wieder weile.)
Norman Westberg spielte dann exakt drei Glasen – neben ihm stand eine Sanduhr –, und tauchte das Publikum in ausufernde Klanglandschaften, die zwischen atmosphärischen Ambient und krachigeren Feedbackorgien changierten. Bisher hatte ich seine Soloprojekte gar nicht gehört und das war auf jeden Fall sehr interessant.
Nach einer kurzen Pause, in der ich mir dann doch den Wälzer „The Knot: Complete Words for Music, Collected Stories and Journals” zulegte, ging es dann aber endlich los mit den Swans. Die überbordende Lautstärke überraschte anscheinend einige unbedarfte Zuhörende (ich sah nicht wenige in meinem unmittelbaren Umfeld, die sich größtenteils die Ohren zuhielten), aber das war genau das, was ich u. a. von diesem Konzert erwartet habe – Musik, die durch Mark und Bein geht, physisch und darüber hinaus in voller Bandbreite erfahrbar ist. Aber auch die Swans haben ihre ruhigen Seiten, in denen die sonore Stimme vom Bandleader Michael Gira voll zur Geltung kommt. Auch wenn die Themen meist düster sind, ist die Leidenschaft der Interpretation um so lebendiger und beim Hören dieser Musik, vor allem live, erfolgt eine wahre Katharsis.


Nach dem Konzert konnte man den Bandleader Michael Gira noch kurz für Autogramme treffen. Eigentlich interessiert mich so etwas überhaupt nicht. Einen Tag vorher berichtete mir aber die Frau Sünderin von einer Autogrammstunde mit Nick Cave nebst Fotos. Das triggerte mich dann doch und so gab es ein Selfie mit Michael Gira (mal sehen, ob ich das noch hier poste).
Weitaus unterhaltsamer fand ich anschließend das Gespräch mit Kristof Hahn. „Wir kennen uns ja.“ „???” Gemeint war die kurze Begegnung vor dem Konzert . *g* Und schwups war ich zum nächsten Konzert in Hamburg im Herbst verabredet, aber da wollte ich soundso hin und freue mich nun um so sehr.