Unter diesem, auf englischen Grabsteinen recht verbreiteten, Motto luden die Inhaber vom Schemenkabinett zu ihrer Abschiedsparty nach London ein. Lang war es her, als wir uns zuvor getroffen haben und noch viel, viel länger liegt mein letzter Londonbesuch zurück, nämlich über 20 Jahre!
Fast vier volle Tage standen mir zur Verfügung. Sehr früh morgens kam ich donnerstags an der Liverpool Street Station an und wandte mich ostwärts Richtung Spitalfields. Um die Uhrzeit war noch nicht viel los – die Brick Lane und Umgebung wirkte recht ausgestorben –, ich hatte allerdings von vornherein vor, am Sonntag nochmals hierher zu kommen. So konnte ich mir aber schon in Ruhe die in dieser Gegend und im benachbarten Shoreditch geballt vorkommende Streetart anschauen. Außer einem Besuch bei Rough Trade (früher war alles besser) war ich nur draußen unterwegs, was sich als sehr angenehm gestaltete, denn nicht alles hat sich in London zum eher Negativen verändert. Zumindest hatte ich während meines Aufenthalts drei Tage mit Sonnenschein und wolkenlosen blauen Himmel (und einen Tag bedeckt) – kein einziger Regentropfen fiel in der ganzen Zeit. Da konnte man auch gleich weiterlaufen zu einem meiner nächsten Ziele, dem Monster Supplies in der Hoxton Street. Die sehr späten Öffnungszeiten hatte ich mir allerdings nicht gemerkt und so legte ich erst einmal eine Kaffeepause ein, um zu überlegen, wohin ich mich als nächstes begeben könnte. (Zu meiner Verwunderung wurde ich auf Italienisch angesprochen. Das Rätsel wurde aber schnell gelöst – ich hatte einen Beutel der Kapuzinergruft in Rom bei mir.)
Nun schon in Hackney war The Viktor Wynd Museum of Curiosities, Fine Art & Natural History das nächste Ziel. Ganz in der Tradition der Wunderkammern der Spätrenaissance und des Barock wird hier eine Sammlung gezeigt, die mich sehr an das heimische RL-Gruselkabinett erinnert, aber (wie ich gegenüber dem Museumswärter und Barkeeper – das Museum befindet sich im Untergeschoss eines Pubs – zugeben musste) doch weitaus umfangreicher ist.
Immer noch mit reichlich Zeit ausgestattet begab ich mich ins Zentrum von London und machte einen Spaziergang an der sonnenüberfluteten Themse sowie einen Abstecher ins Transport Museum (das daheim gebliebene kleine Monster sollte schließlich auch etwas von meiner Reise haben) und in den bei katholischen Schülern beliebten (*g*) traditionsreichen okkulten Atlantis Bookshop.
Inzwischen war es aber dann doch mal so weit, dass ich im Hotel in Camden einchecken konnte, bei dessem vortrefflichen Preis-Leistungs-Verhältniss auch der Humor nicht zu kurz kam. Nach einer kleinen Pause war immer noch genug Zeit vor meinem Hausbesuch des Schemenkabinetts, um kurz zu schauen, was aus dem Camden Market und Umgebung so geworden ist. Die ersten Eindrücke zeigten nichts gutes, aber das war mir vorher schon bekannt – dennoch ist es doch recht traurig zu sehen, was aus dem früheren Goth-Mekka so geworden ist…
Nachdem ich vor 4 Uhr aufgestanden bin, dachte ich, dass der Besuch im Londoner Schemenkabinett wohl leider nur recht kurz ausfallen wird. Falsch gedacht. Um früh oder zumindest etwas früher schlafen zu gehen, war es einfach zu schön.
Am nächsten Tag hatte ich relativ früh eine Führung auf dem Westteil des Highgate Cemetary gebucht. Ohne Führung kommt man da nicht hin und ich habe es dazumals nur auf den Ostteil geschafft, der aber ebenfalls durchaus sehenswert ist, wie ich anschließend wiederum feststellen konnte. Der Westteil ist aber wirklich etwas Besonderes und eine Führung (locker 20 Minuten länger und somit ca. 1,5 Stunden) ist mehr als lohnenswert.
Ein nachfolgender ausführlicherer Rundgang im Camden Market und Umgebung zeigte bei Tageslicht im vollen Ausmaß das Disaster. Vereinzelt wird man zwar noch an frühere Zeiten erinnert oder dient selbst als Erinnerung. („Das habe ich mir hier ganz anders vorgestellt. Mehr so!”, sagte ein Besucher und zeigte auf mich.)
England hat ja meist keinen guten kulinarischen Ruf, aber in London sieht das anders aus – vor allem, wenn es sich nicht um englisches Essen handelt. Jedenfalls stand bei mir auch der Besuch des Borough Market auf dem Programm. England zeigt sich hier von seiner besten Seite, aber vor allem internationale Nahrungsmittel und Imbisse gibt es hier massiv in gebündelter Form. Einen deutschen Stand gibt es dort auch – nun ja … z. B. Bratwurst (Thüringer!) als Hotdog mit Sauerkrauttopping (bei anderen Food Markets sah ich später noch die Steigerung mit Black Pudding…).
Weiter ging es mit Kunst in der Tate Modern. Bei freiem Eintritt (wie bei vielen Museen in London) gab es eine Menge und auch Interessantes zu sehen – die Konzeption finde ich allerdings recht willkürlich zusammengesetzt. Die Öffnungszeit bis 22 Uhr reichte dann aber, um den Tag abzuschließen. Und etwas mehr zu schlafen – inzwischen an den Kühlschrank gewöhnt und nicht mehr aus dem Bett zu fallen, wenn der aktiv wird.
In Anbetracht der Planung am Abend, dem Anlass der Reise, wurde der Samstag also etwas später gestartet und zwar nach Notting Hill zur Portobello Road. Flohmarkt (nicht so wirklich vertreten, als dass man das so bezeichnen könnte), wieder Imbissstände, die zeigten, wie international London ist und viel Tourikrams (wobei die Antiquitätenstrecke schon ihren Reiz hatten).
Vorher gar nicht so explizit anvisiert, aber wärmstens empfohlen – speziell die Ausstellung „Medicine Man”, besuchte ich danach die Wellcome Collection. Und ja – das war wieder eine wahre Wunderkammer. Diesmal nicht aus neuerer Zeit und auch nicht aus der klassischen Wunderkammerzeit, aber genau so, dass Liebhabern solcher Sammlungen das Herz aufgeht. Zudem gibt es hierbei ausführliche Erklärungen (plus Audioführer) und wieder alles kostenlos. Nun ja, fast um die Ecke gibt es das imposante Gebäude der Carreras Tobacco Company zu sehen – riesige schwarze Katzen wachen vorm Eingang (…ich muss mal mit meinem Vermieter reden) und ägyptisch inspirierte Säulen zieren die Fassade.
So, und dann der Anlass der Reise. In einem Untergeschoss (das zieht sich übrigens auch den gesamten Besuch durch – Hotelzimmer und Gastgeberwohnung befanden sich ebenfalls dort, was aber alles andere als unterirdisch war) traf ich nun auf Menschen, die ich größtenteils gar nicht kannte. Außerhalb von London waren außer den formidablen DJs und mir wohl keiner anwesend. Aber auch nur wenige, die aus London oder England stammen. Ich habe mich sicher noch nie innerhalb von so kurzer Zeit mit so viel unterschiedlichen Internationalitäten unterhalten. Außer den Gastgebern gab es noch insgesamt eine Handvoll Deutsche (Monstergrüße an Carmen!) und (subjektiv wahrgenommen) auch ein paar mehr Italiener (Nadia – cordiali saluti, se leggi questo!). Die Musik, die Leute, die Stimmung – alles war einfach großartig! Um dann noch weiter ins Slimlight zu ziehen, war ich dann doch zu vernünftig, denn schließlich musste ich den nächsten Tag früh im Hotel auschecken. An dieser Stelle nochmals Monsterdank an alle für diesen schönen Abend!
Und dann eigentlich noch fast einen ganzen Tag. Eigentlich, denn der Flughafenexpress verkehrte über Schienenersatzverkehr (statt auch nicht so kurzer von 45 Minuten ca. 1,5 Stunden). Vielmehr als mich noch mal in Spitalfields aufzuhalten hatte ich aber eh nicht vor. Und da war es im Vergleich zu meinem Ankunftstag richtig voll. Nichtsdestotrotz hat sich das gelohnt. Vor allem gab es einen Ort, der die Wunderkammer des RL-Gruselkabinetts bereichert hat. Nun kann ich jedenfalls sagen, dass ich um nichts mehr einen Wirbel machen oder mir etwas aus den Rippen schneiden muss.
Hach ja, es gab so einiges, was mir London trotz aller Zeit wieder näher gebracht hat. Oder eigentlich war es dann so, dass ich mich unabhängig von den Veränderungen sofort heimisch gefühlt habe. Man könnte dort durchaus auch das nächste Wochenende oder so verbringen. Also gern wieder.

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