Es war leider doch ziemlich absehbar, dass sich bei meinem vorherigen Arbeitgeber niemand findet, der sich für die add art engagiert. Ich habe damals vor neun Jahren die Teilnahme an der add art initiiert und dann immer alles organisiert. Sehr schade, dass sich trotz Förderung der obersten Geschäftsführung dies keiner weiterführt. Schade, weil auch diesmal wieder sehr interessante Nachwuchskünstler*innen dabei waren. Auch einige, die ich schon sehr lange im Fokus hatte.
Egal – jetzt geht es um die Nachwuchskünstler, die ich mir dieses Jahr angeschaut habe.
Es waren echt sehr viele dabei, die ich mir alle gern angeschaut hätte, nachdem ich nun ja ausreichend Zeit wie auch schon das Jahr zuvor dazu hatte, aber meine Aufnahmefähigkeit ist doch begrenzt. Hier nun meine diesjährige Auswahl.
Los ging es mit einem sehr verpeilten und verspäteten (es gibt Gründe, aber …) Start meinerseits mit Matthias Sterff und Emma Siebenhaar bei nhb plus. Netterweise wurde auf mein Eintreffen mit der Führung gewartet.
Matthias Sterff liebt es schnell zum Ziel zu kommen und so dauert es von der Idee zum fertigen Bild oder zur kompletten Bildserie nicht sehr lang, welche fragmenthafte Erinnerungen oder Stimmungen abbilden. Dabei bleibt aber noch genug Zeit, um mit verschiedenen Materialien zu experimentieren oder versteckte Details unterzubringen. Oft ist es auch so, dass die Bilder zurück auf die Betrachtenden schauen.

Die Kunst von Emma Siebenhaar ist das komplette Gegenteil. Akribisch wird jedes kleinste Detail ausgeführt und größtenteils auch zuvor genau geplant. Es sind surreale Kompositionen mit Liebe zur Ornamentik im Hintergrund. Deutlich erkennbar ist auch ihre Leidenschaft für Tattoos, die sie selbst nicht nur entwirft, sondern auch macht. Ihre Werke sind mir schon bei der HAW-Jahresausstellung (zu einem Beitrag bin ich hier leider nicht gekommen) aufgefallen und ich habe ihre Werke sofort erkannt, auch wenn sie an unterschiedlichen Orten zu sehen waren. Und mich auch sofort in diese verliebt, so dass ich gleich alles, was an Drucken in Buchform erhältlich war, bei ihr erworben habe. Für ein Tattoo habe ich mich zwar nicht entschieden, aber das liegt eher daran, dass ich Tattoos gegenüber zwar sehr positiv gestimmt bin, mich aber nie für ein Motiv entscheiden kann.

Schön, dass auch die beiden Profs von der HAW, die die add art betreuen, dort auftauchten, als ich mit meiner Begleitung gerade da war. Da hatte man gleich das Gefühl, doch noch mittendrin dabei zu sein, auch wenn man nur noch Besuchende ist.
Weiter ging es zur GGW, die Kunst von Isabelle Stremme und Claudia Mächler zeigten.
Die sehr komplexen Portraits von Claudia Mächler sind mir schon seit sehr langer Zeit sehr positiv aufgefallen. Sie sind leider aufgrund der Größe nicht für die Ausstellungsgegebenheiten bei meinem Ex-Arbeitgeber geeignet gewesen, weswegen auf die Auswahl verzichtet wurde. Ich hätte echt gern dieser Künstlerin Raum zur Ausstellung bereit gestellt. Wie komplex ihre Portraits entstehen, habe ich nun erst jetzt erfahren und war dadurch nicht nur von den Werken, sondern auch von ihrer Entstehung zutiefst beeindruckt.

Bei Isabelle Stremme knallen die Farben und bedrohte Tierarten werden plakativ in Szene gesetzt. Nicht so ganz mein Fall, weil jegliche Subtilität fehlt. Mehr so dekorative Kunst, die Anspruch auf wichtige Themen erhebt, aber in platten Abbildungen hängen bleibt. Aber wenn so etwas für bedrohte Tierarten erreicht werden kann, ist das natürlich gut.

Letzte Station war die Werbeagentur you, die auch die add art professionell unterstützt und immer spannende Nachwuchskünster*innen auswählt.
Hari Klein malt Landschaften. Reine Landschaften – ohne Menschen oder Tiere. Vornehmlich von ihrer Heimat Eiderstedt. Es sind Werke, die den Geist der Romantik bar jeglicher Klischees aufgreifen. Mit jedem Pinselstrich spürt man die Atmosphäre. Diese Landschaften mögen auf den ersten Blick nicht schön sein, aber gehen so tief, wenn man sich auf sie einlässt.

Die meist mysteriös wirkenden und dunklen Szenen, die Frederik Grill mit seinen Werken erschafft, erzählen endlose Geschichten und wecken vielfältige Assoziationen. Optisch und gedanklich eine wahre Bereicherung, bei der sehr interessante Mischtechniken verwendet werden – Kohle und Ölfarbe werden mit Sand oder Wachs vermischt. Es ist eine ganz eigene Welt, in die man sehr gern eintaucht.

Seit ihrer auch schon zehn Jahre zurückliegenden Abschlussarbeit bin ich von der textilen Kunst von Anna Ziegler begeistert. Statt zum Pinsel oder so zu greifen, setzt sie sich an die Nähmaschine und malt ihre beeindruckenden Werke mit Garn. Ihre Leinwände sind Stoffstücke, die von beiden Seiten betrachtet werden können und bei der die Motive mit einem breiten Spektrum an Themen auf jeder Seite sehr unterschiedlich gestaltet sind. Beim freihändigen Sticken an der Nähmaschine baut sie bewusst Fehler ein, wodurch noch mehr Eigenleben entsteht. Sticken wird hier zu einer zutiefst beeindruckenden Kunst.

Rein digital sind indessen die ausgestellten Werke von Margharita Eismann. In ihrer Serie „Urban Opinions” fügt sie marode Stadtfotografien, die oft auch Graffiti enthalten, dreidimensional zu komplett neuen Ansichten zusammen. Bei der digitalen Lichtsetzung dominiert ein warmes Licht, dass einen in südliche Gefilde versetzt, so dass man oft nur an den Graffiti erkennen kann, ob es sich hierbei um Hamburg oder Neapel handelt. Es ist lange her, dass ich mich für digitale Kunst begeistern konnte – mit KI kommt das noch seltener vor –, aber hier wurde ich sehr positiv davon überzeugt, dass da doch weitaus mehr möglich ist. (Ihre bei der add art nicht gezeigten Werke sind zudem auch sehr spannend.)

Bei allen hier erwähnten Nachwuchskünstler*innen möchte ich mich nochmals herzlich bedanken – für ihre ausgestellten Werke, die interessanten Gespräche und die Bereitschaft, sich fotografieren zu lassen.