1989 fiel die Mauer, 1990 ging ich in dençWesten” und entdeckte viel Neues. 1991 gab es dann eine der beeindruckendsten und lange Zeit prägende musikalische Entdeckung für mich: Das Debütalbum von In Slaughter Natives. Meine heftige Liebe zum Death Industrial und Dark Ambient entflammte lichterloh. Das dahinterstehende Label Cold Meat Industry eröffnete mir vollkommen neue musikalische Welten. In der Anfangszeit wanderten so ziemlich alle Veröffentlichungen dieses Labels in meine Musiksammlung und ebenso sehr vieles, was durch dieses Label meinen musikalischen Horizont erweiterte. Meine nerdige Musikphase begann. Death Industrial und Dark Ambient machen immer noch einen Großteil meiner Musiksammlung aus, weil ich damals wirklich sehr viel in diese aufnahm.
Ewige Liebe ist indes eine romantische Vorstellung, der man theoretisch zustimmen mag, aber praktisch geht auch das musikalische Leben und Lieben oft andere Wege. Um die Jahrtausendwende herum wandte ich mich der exstatischen Zuwendung zu diesen Musikgenres ab, die teilweise bis in die tiefsten Tiefen des Industrial führten. Für die meisten wohl nur unhörbarer Krach, ganz sicher keine Easy Listining Music, aber die unkonventionellen Klänge, die aggressive Ästhetik und die grenzüberschreitende Themen werden genutzt, um intensive Emotionen und eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Menschlichen jenseits des Konventionellen zu ermöglichen. Anstatt Wohlbehagen zu verbreiten, bietet Industrial einen Raum für andere Emotionen und eine Auseinandersetzung mit dem Abgründigen, was in ihrer ungebändigten Kreativität und morbiden Ästhetik liegt. Die in den 70ern entstandene Industrial-Musik erlebte spätestens seit Anfang der 90er ein Revival, wozu das Label Cold Meat Industry maßgeblich beitrug. Aber auch bei dieser Post-Industrial-Welle war dann wohl (nicht nur für mich) Ende der 90er/Anfang 00er Jahre die Luft raus, was wirklich bereicherndes oder innovatives Output betrifft. Zudem kam bei mir persönlich das kleine Monster hinzu. Viel Zeit, um intensiv Musik zu hören, gab es nach dessen Geburt auch nicht mehr. Vielleicht mag man als junge Mutter auch nicht mehr solche Musik hören. Jedenfalls wandelte sich mein Musikgeschmack und ich wandte mich wieder „etwas” mehr konventionellen Musikgenres zu.
Die Wirkung, die damals Cold Meat Industry auf mich hatte, habe ich aber nie vergessen. Ebenso etliche andere und so kamen zu der Northern Excavation Tour auf der MS Stubnitz (einer meiner liebsten hiesigen Konzertlocations) viele Gleichgesinnte aus früheren Zeiten zusammen. Quasi ein Klassentreffen mit vielen Bekannten aus schon fast vergessenen Zeiten.
Bei diesem Mini-Cold-Meat-Industry-Festival traten Brighter Death Now, raison d’etre und Desiderii Margins auf.
Desiderii Marginis überzeugte gleich am Anfang (das erste Werk ist in meiner Sammlung, aber dann folgte lange Zeit nichts). Raison d’etre war lange Zeit eine meiner Lieblingsbands und war grandios (sehr schön auch der optische Hintergrund mit dem Stummfilm „L’inferno” von 1911). Brighter Death Now (mit dem Labelgründer Roger Karmanik von Cold Meat Industry) war schon etwas grenzwertig. Die Performance klappte zwar halbwegs, aber ich habe öfters überlegt, ob man nicht doch einen RTW rufen sollte. Letztendlich konnte er diesen Auftritt feiern und ich hoffe, dass all der positive Feedback eine Wirkung hat.
Desiderii Marginis
Raison d’Être
Brighter Death Now
2025.10.08, 9:17 -
C. Araxe
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