Theoretisch hätte es dieses Jahr mit der aktiven Teilnahme an der add art ja eigentlich doch noch geklappt, aber dann kam ja „etwas” dazwischen. Es war vorhersehbar, dass sich (zumindest ad hoc und im Umzugsstress) keine Kolleg*innen finden, die mein Erbe antreten. (Etwas bezweifle ich, dass dann aber nächstes Jahr die Teilnahme fortgesetzt wird, auch wenn der Obercheffe total dahinter steht.)
Praktisch konnte ich mich in diesem Jahr also ganz stressfrei (wenn man ansonsten selbst organisatorisch eingebunden ist, bleibt nicht viel Zeit) dem Anschauen von Nachwuchskunst hingeben. Letztendlich nutzte ich dann aber doch nur einen Tag und besuchte zwei Ausstellungen, allerdings mit insgesamt sieben Nachwuchskünstler*innen.
Los ging es bei Grant Thornton, einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mitten in der City mit stylischen Räumlichkeiten. Hier gab es Werke von Janina Gude, Saskia Macht und Jakob Scheidt zu sehen.
Janina Gude stammt ursprünglich vom Bodensee und erforscht das Heimatgefühl mit sehr unterschiedlichen Materialien und Techniken – von flauschiger Leinwand, über Keramikbilder bis hin zu getöpferten Werken.
Saskia Macht beschäftigt sich mit ihren Träumen. Einzelne Elemente daraus stellt sie isoliert da und so wirken ihre Gemälde realistisch und surrealistisch zugleich.
Jakob Scheidt erschafft meist auf großer Leinwand komplexe Werke, die Abstraktes und Figürliches verbinden, oft düster wirken, aber einen sofort in ihren Bann ziehen. Man begibt sich auf eine verschlungene Reise, bei der weder Weg noch Ziel klar sind, ja auch nicht notwendig sind. (Schon im letzten Jahr war ich bei der Auswahl zur add art von seinen Werken fasziniert, aber die Räumlichkeiten der Firma waren leider sehr ungeeignet.)
Mit allen und auch teilweise mit den Veranstaltenden habe ich kurze, aber dennoch interessante Gespräche führen können.
Weiter ging es zu you am Fischmarkt, ehemals Shipper Company, einer Kommunikationsagentur, die schon seit den Anfängen bei der add art dabei ist. Hier waren Werke von Antine Yzer, Liv Pedersen, Rasmus von Götz und Laurin Schuh zu sehen.
Laurin Schuh stellte sehr vielfältige Materialstudien sowie Landschaftsbilder mit schwarzer Tusche aus, die im Dauerregen entstanden sind – der Regen hat quasi mitgemalt.
Rasmus von Götz verarbeitet in seinen Werken alltägliche Eindrücke und Kindheitserinnerungen. Manches mag zunächst banal scheinen, entfaltet jedoch im erläuternden Kontext eine intensive Wirkung.
Liv Pedersen erschafft multidimensionale Werke. Alles kann bei ihr zu Kunst werden. Auf großen Leinwänden breiten sich amorphe Strukturen aus. Fundstücke werden zu Assemblagen verarbeitet. (Das kenne ich nur zu gut. Man findet was am Wegesrand und nimmt es mit. Für andere mag es Müll sein und es wird auch nicht sofort künstlerisch verarbeitet, aber es sagt „Nimm mich mit!” Und irgendwann …). Zudem werden auch noch Soundcollagen eingesetzt.
Antine Yzer stellte zwei Fotoprojekte aus, die mich emotional, intellektuell als auch künstlerisch sofort ansprachen. Zum einen ging es um die persönliche Familiengeschichte inklusive 2. Weltkrieg, zum anderen um eine Sammlung mit DDR-Vergangenheit. Hier werden nicht nur „einfach” Fotos gemacht, sondern sich intensiv mit dem Background auseinander gesetzt. Spannend ist so auch das derzeitige Projekt mit jugendlichen Straftätern.
Schön, dass ich mit allen auch wieder noch kurz sprechen konnte.
Das waren jetzt zwar nur zwei Ausstellungen, aber so viel bereichernder Input.